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Warum ChatGPT (noch) keine Lösung ist

13. Dezember 2023

Geil, heute kann jede:r richtig gute Texte schreiben. ChatGPT sei dank. Und Agenturen werden endlich überflüssig. Endlich. Oder ist die KI doch noch nicht der lang ersehnte Heilsbringer und Alleskönner? Eine Annäherung.

Laptop aus dessen Display blaue Buchstaben fliegen

(aktualisiert am 14. Dezember 2023)

 

Der erste Hype um ChatGPT ist mittlerweile abgeflacht. Die Nutzung der generativen KI ist aber weiter hoch. Zuletzt konnte OpenAI vermelden, dass nun über 100 Millionen Menschen weltweit ChatGPT regelmäßig nutzen1. Kein Wunder, ist das Tool doch ziemlich einfach zu bedienen und liefert – auf den ersten Blick – außergewöhnliche Ergebnisse. Aber heißt das dann auch, dass Kreative und allen voran Texter:innen bald nicht mehr gebraucht werden? Und ab sofort jeder gut texten kann?

Die Bedrohung aus der Hutschachtel

 

Das Internet ist voller Schreckensszenarien. Vor allem in der Softwareentwicklung und der Kreativbranche soll KI einen Großteil der Jobs vernichten2. Schließlich kann sie Code analysieren, ihn selbst schreiben, Kreativkonzepte vorschlagen, Markennamen erfinden, Blogartikel verfassen und vieles mehr. Und das innerhalb weniger Sekunden. Menschengemachte Texte sind da eigentlich nicht mehr nötig. Vergebene Liebesmüh, verschenktes Geld, vergeudetes Optimierungspotenzial.

Jedes Ergebnis ist nur so gut wie sein Prompt

 

Um gute Ergebnisse zu bekommen, braucht ChatGPT allerdings ganz klare Anweisungen. Je präziser eine Aufforderung ist, umso eher bekommt man das, was man gerne hätte. So weit so klar. Dafür gibt es auch einige Tricks. Und sogar einen eigenen Begriff: Prompt Engineering.

 

„Schreibe mir einen Social-Media-Post zum Thema XY“ reicht in aller Regel nicht, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten. Vielmehr gilt es, seine Erwartungen an den Post zu präzisieren. Wer soll angesprochen werden? Was soll vermittelt werden? Wie soll der Schreibstil sein?

 

Ein weit verbreiteter Tipp besteht darin, ChatGPT im Prompt gleich ein paar Best-Practice-Beispiele mitzugeben, an denen sich die KI orientieren kann. Aber eine Garantie für gute Ergebnisse ist das nicht. Zumal es erste Befürchtungen gibt, dass die KI im Laufe der Zeit immer dümmer werden könnte. Zumindest sank seine Fähigkeit im Zeitverlauf, Aufforderungen korrekt zu interpretieren – vor allem komplexere3.

Vergünstigter Friseurbesuch durch's Haare-Vorschneiden?


ChatGPT liefert also keine perfekten, aber irgendwie doch okaye Ergebnisse. Könnte man also nicht viel Geld sparen, indem man einen Text vorschreiben lässt und ein:e professionelle:r Texter:in nur noch schnell den Feinschliff macht? Bitte nicht. Oder sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, zu Hause vor dem Spiegel Ihre Haare vorzuschneiden, mit dem Gedanken, dass Ihr:e Friseur:in dann ja viel weniger Arbeit hätte – und Sie günstiger davon kämen? Genau.


Ähnlich verhält es sich auch mit Übersetzungen. Texte von einer KI vorübersetzen zu lassen, damit ein:e professionelle:r Übersetzer:in weniger Arbeit hat, klingt nur in der Theorie gut. In der Praxis muss am Text dann trotzdem viel Basisarbeit erfolgen, da Tonalität und Semantik nicht wirklich auf Native-Niveau liegen (was man als Nicht-Native oft nicht merkt). Das Ergebnis: Keine Zeitersparnis und ein:e ziemlich genervte:r Übersetzer:in.

Das Tonalitäts-Problem 

 

Unternehmen und ihre Kommunikationskanäle gab es schon lange vor ChatGPT. Und das ist ein Problem. Denn ChatGPT hat seinen ganz persönlichen Schreibstil. Diesen kann man zwar modifizieren – beispielsweise mit Prompt-Zusätzen wie „schreibe locker und mit etwas Witz“ oder „schreibe in kurzen Sätzen“ –, allerdings wird es knifflig, sobald eine markenspezifische Tonalität getroffen werden muss.


Denn auch wenn wir es oft nicht bewusst wahrnehmen, hat doch jede Marke ihren eigenen Sprech. Wird auf einmal ChatGPT konsultiert, ändert sich dieser zwangsläufig. Selbst wenn wir ihn mit Beispielen füttern, wie er zu schreiben hat, kann er diesen Stil nicht exakt imitieren. Bei Menschen würde man sagen: Er kann halt nicht aus seiner Haut. Ungünstig. Ändert sich plötzlich die Tonalität, irritiert das Kund:innen.


Zwar hat auch jeder Texter und jede Texterin eine eigene Art zu schreiben, jedoch sind hier die Antennen – durch die Superkräfte Analysefähigkeit und Empathie – oft feiner und das Springen zwischen Tonalitäten eine jahrelang geübte und alltägliche Aufgabe.

Die Sache mit dem Datenschutz

 

Und dann ist da noch das mit dem Schutz der geliebten Daten. Denn standardmäßig nutzt ChatGPT alles, was wir ihm zur Verfügung stellen, als zusätzliche Trainingsdaten. Kann man zwar abstellen, schränkt aber die Usability deutlich ein. Die KI ist also mit Vorsicht zu genießen, wenn man Texte für die neueste Innovation erstellen möchte oder interne Informationen preisgibt, um möglichst gute Texte zu erhalten.

Die menschliche Kreativität bleibt unübertroffen 

 

ChatGPT nutzt Algorithmen und Wahrscheinlichkeitsberechnungen, um unsere Fragen zu verstehen und Antworten zu generieren. Das ist die Natur von Maschinen – und ein Problem. Denn das sogenannte Large Language Model, auf dem die KI basiert, liefert Textvorschläge, die zumindest teilweise vorhersehbar sind – und vermutlich so oder so ähnlich auch bei Wettbewerbern erscheinen würden. Duplicate Content der eher unangenehmen Art.


Texter:innen sind hier schon etwas flexibler, wenn auch sie natürlich ihre Lieblingssätze und -wörter haben. Und das Im-Kontext-out-of-the-Box-Denken und -Schreiben ist vor allem bei weniger standardisierten Texten wie Magazin-Artikeln wichtig. Es macht Texte unterhaltsam und kurzweilig. Beim Lesen von Magazinen oder Blogs möchten die Wenigsten ein Betriebsanleitungsfeeling haben.


Achso, und manchmal schafft es ChatGPT sogar, diskriminierende und rassistische Inhalte zu entwickeln – das wahllos gesammelte Trainingsmaterial macht’s möglich. Also muss am Schluss eh nochmal ein kritisches Lektorat erfolgen, was Einsparpotenziale schmälert.

Aber Übersetzungen gehen schon, oder?


In Übersetzungen wird künstliche Intelligenz gerne genutzt – aktuell vor allem in Form von Diensten wie Google Translate und DeepL. Da ist Kreativität ja nicht so gefragt. Und die Basis ist auch fix definiert. Oder? Leider ist es auch hier nicht ganz so einfach. Denn selbst wenn für die meisten Menschen – nämlich die nicht-Native-Speaker – ein künstlich übersetzter Text richtig klingt, heißt es noch lange nicht, dass er es auch ist. Also ist er stilistisch elegant und clever übersetzt und passt er von seiner Wortwahl zu Thema und Marke? Oder ist der Text zwar übersetzt, aber die Sprachnuancen, die im Ursprungstext stecken, sind dabei verloren gegangen und er liest sich für Native Speaker irgendwie komisch? Wer eine Übersetzung für das eigene Verständnis braucht, kann die KI’s mittlerweile bedenkenlos konsultieren. Wer aber qualitativ hochwertige Übersetzungen braucht, die die Tonalität und die Feinheiten der Ursprungstexte würdigen, braucht einen Menschen vom Fach.

Lieber Küchenhilfe als Chefkoch 

 

Klar, wir sind eine Agentur, wir müssen das schreiben. Wir wollen schließlich nicht obsolet werden. Aber uns liegt als Partner für Tech-Unternehmen auch immer das beste Ergebnis am Herzen. Und da ist – Stand heute – die menschliche Feder die mit Abstand stärkste. Denn Texter:innen und Übersetzer:innen wissen um den subtilen Kontext, haben ein Gefühl dafür, was bestimmte Zielgruppen brauchen, wie sie angesprochen und verstanden werden wollen, und besitzen die nötige Erfahrung, um zu wissen, was funktioniert und was nicht.
Daher heißt es für die kommenden Jahre, dass KI zwar unterstützen, beispielsweise um zu inspirieren, aber professionelle Menschen nicht ersetzen kann. Zumindest wenn Unternehmen und deren Marken qualitativ hochwertige Texte wichtig sind.

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