Markenidentitäten und die Krise

Besonders in Krisenzeiten bewahrheitet sich, dass Kunden Sinnsucher sind. Sie erwarten von Marken eine klare Haltung und die Übernahme sozialer Verantwortung. Denn genau dies zeichnet starke Marken aus: eine charaktervolle und authentische Identität. Falsche Versprechen und widersprüchliches Agieren hingegen führen ganz besonders jetzt zu langfristigen Imageschäden.

„In der Krise zeigt sich der Charakter“, formulierte Helmut Schmidt. Vor Jahrzehnten. Dies trifft auf Einzelpersonen ebenso wie auf Marken zu, die inbesondere in Krisenzeiten keinen Spielraum für Volatilität haben. Die aktuelle Corona-Pandemie zeigt dies eindrücklich und wird auch aus Markensicht zum Stresstest. Während Megamarken wie Adidas und H&M ihre Mietzahlungen für Einzelhandelsflächen stoppten – was rechtlich legal, moralisch aber absolut fragwürdig ist –, dafür einen riesigen Shitstorm ernteten und nun mit einem schweren Imageschaden wieder zurückrudern, werden andere Unternehmen bejubelt. Sei es Bosch für die Entwicklung von Corona-Schnelltests, die BASF für ihre Millionen gespendeten Schutzmasken und das Hochfahren der Desinfektionsmittelproduktion oder die außergewöhnliche Personalpartnerschaft von Aldi und McDonalds.

Wie überaus sensibel Markenverhalten wahrgenommen und bewertet wird, zeigt sich ebenso am Traditionsunternehmen Trigema. Die Produktion wurde adhoc umgestellt, um Mundschutzmasken zu produzieren und in der Krise zu unterstützen. Eigentlich eine sehr  schöne Geste, die zudem Kurzarbeit im Unternehmen verhinderte. Doch wahrgenommen wurde schließlich die Preispolitik – 10 Stück kosten offensichtlich 120 Euro –, die mit viel medialer Kritik als „Unternehmensbereicherung in der Krise“ endete. 

Eine Krise bringt Gewinner wie Verlierer hervor. Der Spruch von Ex-Fußballer Andi Brehme „Hast du Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“ – und umgekehrt – bewahrheitet sich vor allem beim Markenimage. Denn passt das Handeln der Marken plötzlich nicht mehr zu ihren Versprechen, beginnen Identitätsfassaden mächtig zu bröckeln. Imageschäden durch unsolidarisches Verhalten in Notsituationen wie bei Adidas und Konsorten bleiben hartnäckig in den Köpfen der Kunden hängen. Dies kann Markenvertrauen, Zugewandtheit und Absatz über Jahre hinweg negativ beeinflussen – bis hin zum Boykott, wie der Shitstorm gezeigt hat. Und jahrelang aufgebautes Markenvertrauen ist nachhaltig zerstört.

 

Die Krise als Chance für gesellschaftliche Relevanz

Krisen sind Wendepunkte. Unternehmen können dieser Tage beweisen, dass es ihnen nicht nur um Gewinne und ökonomische Interessen geht, sondern sie eine Haltung haben, ihnen Werte wichtig sind und das Gemeinwohl am Herzen liegt. Dass sie einen Charakter, eine Identität besitzen und Orientierung bieten können. Ein klarer Brand Purpose wird in Zukunft unersetztlich sein – mit positiven Auswirkungen auf Image und Employer Branding.

Vorbildliche Verantwortung bewiesen Aldi und McDonalds mit ihrer Personalpartnerschaft. Der Fast-Food-Konzern stellte dem Discounter Personal zur Verfügung, um die neu entstandenen Personalengpässe in den Filialen abzufedern. Und verhinderte damit Kurzarbeit und Lohnausfälle bei einer Vielzahl ihrer Mitarbeiter. Eine klare Win-Win-Situation für die Unternehmen, Mitarbeiter und Kunden.

Oder der Trinkflaschenhersteller FLSK, der seine Einzelhandelspartner unterstützt, indem er diesen 25 Prozent des Kaufpreises ihrer Produkte überlässt und zudem längere Zahlungsziele gewährt.

Das Beispiel der BASF wiederum zeigt, was Gemeinwohlarbeit für die eigene Mitarbeiterbindung bedeuten kann. Viele Mitarbeiter äußerten sich überschwänglich in den Sozialen Medien zu den gespendeten Atemschutzmasken. Sie seien stolz wie nie auf ihren Arbeitgeber. Stolz darauf, ein „Aniliner“ zu sein.

Zahllose Möglichkeiten solidarischen Handelns beweisen, dass sich Haltung und gesellschaftliche Verantwortung für Marken auszahlt. Und dass dies auch uneingeschränkt für Marken im B2B-Bereich gilt, die dadurch bis in die Konsumentenwelt weit sichtbar werden und so einen unglaublichen Imagegewinn erfahren.

 

Die Krise als Chance zur Transformation

Krisen sind Besinnungszeiten. Sie sind Möglichkeitsräume, in denen bestehende Prozesse, Praktiken und Produktionslogiken hinterfragt, hinsichtlich Effizienz oder Sinnhaftigkeit untersucht und gegebenenfalls auf den Kopf gestellt werden können. Das fängt bereits im Kleinen an, wenn Unternehmen Homeoffice oder agilere Methoden für sich entdecken und auch in der Zeit danach stärker nutzen. B2B-Unternehmen erkunden Möglichkeiten, sich noch digitaler aufzustellen. Denn Corona ist auch eine Mobilitätskrise. Wenn der Kunde nicht auf die Messe kann, muss die Messe – in Form virtueller Messestände und digitaler Veranstaltungen – zu ihm kommen. Und manchmal, da führt eine Krise auch zur Weiterentwicklung und Transformation ganzer Geschäftsmodelle und Branchen. Im Falle der aktuellen Klimakrise beispielsweise zur Forcierung der Produktion von Elektroautos und E-Bikes oder zur Entwicklung neuer Mobilitätsmodelle.

Heute geschehen Transformationen an vielen Fronten. Mal subtil, mal disruptiv. Die Krise durch COVID-19 ist ein weiterer Katalysator.

 

Und nach der Krise: Haltung bewahren

Für Marken erzählt die Krise aber auch folgende Geschichte: Kunden sind immer Menschen – und damit auf der Suche nach Vorbildern und Marken, denen sie guten Gewissens ihr Vertrauen schenken können. Dabei haben sie ein sehr gutes Gespür, ob die Versprechen von Marken nur Fassade sind oder die Werte und Überzeugungen tief in der Identität, in der Marken-DNA, verwurzelt sind.

Heißt auch, dass es immer wichtiger wird, klar zu kommunizieren, wer man ist und wofür man steht – der Purpose zählt. Dies im tagtäglichen Handeln entlang aller Touchpoints und Kanäle entsprechend leben: vom CEO bis zum Werkstudenten. Dann können auch Krisen wie die aktuelle einer Marke – zumindest in Bezug auf Akzeptanz, Warhnehmung und Vertrauen – wenig anhaben.

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